Die Neugier war offenbar gross: 56 Kameraden tauchten ein in das Herzstück der BLS-Bahninfrastruktur und besuchten den BLS-Lötschberg-Basistunnel. Mit einer Länge von 34,6 km ist er nach dem Gotthard-Basistunnel und dem Eurotunnel unter dem Ärmelkanal der drittgrösste Tunnel Europas, ein Meisterwerk der Technik und bedeutender Teil der NEAT. In vier Gruppen eingeteilt, erfuhren die Teilnehmenden viel Spannendes über den seinerzeitigen Bau, über den heutigen Betrieb sowie über den kürzlich vom Parlament beschlossenen künftigen Vollausbau auf zwei Spuren.
Die Führungen begannen im Besucherzentrum der BLS in Frutigen. Zuerst erhielt man anhand eines Modells einen ersten Eindruck über die Geografie und das Tunnelsystem und mit einem Film Einblick in die Bauetappen und den Betrieb dieses komplexen Gesamtsystems.
"Der Empfang war professionell, die Besuchsorganisation war sorgfältig vorbereitet"
Geschichtliches zur Lötschbergachse
Die Lötschberg-Bergstrecke als erste direkte Verbindung zwischen den Kantonen Bern und Wallis mit dem Tunnel zwischen Kandersteg und Goppenstein ist bereits seit 1913 in Betrieb. Die ersten Ideen eines Basistunnels stammen aus den 1960er Jahren. Mit der Annahme der Alpeninitiative (52% Ja) wurde die Verlagerungspolitik der Güter von der Strasse auf die Bahn in der Verfassung verankert. 1996 beschloss der Bundesrat die beiden Basistunnel Lötschberg und Gotthard als Herzstück der Neuen Alpentransversale NEAT zu bauen. Die Erstellung des Lötschberg-Basistunnels dauerte von 1999 bis 2007.
Grundkonzept und Kennzahlen
Der Lötschberg-Basistunnel ist einer der modernsten, sichersten und komplexesten Bahntunnel der Welt und funktioniert zuverlässig. Er ist als zweiröhriger Einspurtunnel konzipiert. Aus Kostengründen wurde vorerst nur eine Röhre durchgehend bahntechnisch ausgebaut. Die Parallelröhre wurde damals grösstenteils im Rohbau belassen. 7 km der zweiten Röhre sind noch gar nicht ausgebrochen. Die beiden Röhren sind alle 333 m verbunden, insgesamt durch 108 Stollen. Somit wird der eine Tunnel zum Rettungstunnel des anderen. Zudem sind alle Systeme doppelt vorhanden, so dass der Betrieb bei einem technischen Ausfall mit der Zwillingseinrichtung weitergeführt werden kann. Länge des Basistunnels: 34,6 km, ausgebrochene Röhren 91,8 km, maximale Geschwindigkeit der Züge im Basistunnel 250 km/Std., der Bau des Basistunnels kostete rund 4,3 Mia. Franken, für den künftigen Vollausbau sind 1,75 Mia. Franken prognostiziert.
"Schematische Darstellung der beiden Röhren und somit des Teilausbaus":
Notwendiger Ausbau
Der Lötschberg-Basistunnel ist heute bis an seine Grenzen ausgelastet. Grund dafür ist einerseits das rasante Wachstum des Personen- und Güterverkehrs, anderseits die begrenzte Kapazität. Die 21 km lange einspurige Strecke verunmöglicht eine Ausweitung des Personen- und Güterverkehrs, engt den Spielraum für die Fahrplangestaltung ein und führt zu hohen Betriebskosten. Der Ausbau ist deshalb zwingend nötig. Das Parlament hat der Finanzierung des Vollausbaues im Jahr 2024 zugestimmt. Die Planung läuft auf Hochtouren. Die Bauarbeiten sollen 2025 beginnen und dauern bis Ende 2031. Der Vortrieb erfolgt zu 80% durch konventionelle Sprengungen. Die Materialbewirtschaftung wird gleich vor Ort betrieben, damit möglichst wenige der belastenden Lastwagenfahrten generiert werden.
Besuchergruppen einteilen
Die Teilnehmenden wurden in 4 Gruppen aufgeteilt. Jede Gruppe wurde durch einen Gruppenführer der BLS betreut und begleitet. Die Gruppenführer waren pensionierte Mitarbeitende der BLS, altgediente Lokführer oder erfahrene Betriebsbeamte. Ihre Erklärungen waren sehr verständlich, man spürte deren Kompetenz im Thema. Auf Fragen der Besucher wurde sorgfältig und geduldig eingegangen. Zwei Gruppen begaben sich am Vormittag sofort nach der Einführung mit 2 Kleinbussen via Mitholz in den Tunnel hinab und besichtigen das Bauwerk aus der Nähe. Die anderen beiden Gruppen besuchen in Frutigen das Rettungszentrum und das Unterhaltszentrum. Am Mittag wurden die Gruppen gewechselt und damit sichergestellt, dass alle Teilnehmenden alle Bereiche besuchen konnten.
"Die Dimensionen im Tunnel waren eindrücklich, insbesondere, wenn man bedenkt, dass insgesamt über 90 km Stollen mit dem riesigen Querschnitt herausgesprengt worden sind"
"Die Vorbeifahrt des Zuges mit 250 km pro Stunde am Fenster im Basistunnel war ein besonderes Highlight: Obwohl die Vorbeifahrt eines fast 400 m langen Zuges mit rund 1300 Passagieren lediglich wenige Sekunden dauert, erhielten die Teilnehmenden einen nachhaltigen Eindruck über das gewaltige Bauwerk. Nach dem Vollausbau 2031sollen diese Züge im Halbstunden-Takt ins und vom Wallis verkehren"
Mittagessen in Selbstbedienung
Wegen der engmaschigen Zeitplanung, der geografischen Lage und dem Kostenrahmen lag die Organisation des Mittagessens in Selbstbedienung auf der Hand. Die Senioren der Alten Garde Pieterlen haben sich am Büffet gut zurechtgefunden, während die Küche offenbar mit dem Nachschub teilweise in Bedrängnis gekommen ist.
"Selbstbedienung, neu für Ausflüge der Alten Garde Pieterlen"
Intervention und Rettung
Bei einem unvorhersehbaren Ereignis auf der Lötschberg-Basisstrecke, z.B. bei einem Brandfall muss der betroffene Zug versuchen, die Nothaltestelle oder die Interventionsstellen ausserhalb des Tunnels zu erreichen. Falls dies nicht möglich ist, können sich die Passagiere und das Zugspersonal selbständig durch die Querstollen in den geschützten Bereich des Parallelstollens retten und dort Hilfe abwarten. Das Herzstück der Rettungsorganisation sind die beiden Rettungszüge. Einer ist in Frutigen stationiert, der andere in Brig. Diese Spezialzüge verfügen über einen Tanklöschwagen, einen Gerätewagen und Rettungsfahrzeuge zur Evakuierung von Passagieren und Zugspersonal aus dem Tunnel.
«Die Rettungseinheit muss spätestens 45 Minuten nach dem Alarm beim Ereignis im Tunnel eintreffen:"
Streckenunterhalt
Ziel ist es, die Anlagen mit minimalem Aufwand und ohne wesentliche Beeinträchtigung des Betriebes erhalten zu können. Dazu wird das gesamte Tunnelsystem jeweils Sonntagnacht einspurig gesperrt. Die beschränkten Arbeitsintervalle und die langen Anfahrtszeiten stellen hohe Anforderungen an die Logistik und an das Personal. Die BLS verfügt deshalb über eine Instandhaltungsflotte, die speziell im Basistunnel zum Einsatz kommt.
"Die Unterhaltsequipe verfügt über Diesellokomotiven, und selbstfahrende Erhaltungsfahrzeuge mit modularen Aufbauten, wie Mannschaftscontainer und mobile Werkstätten"
Die Teilnehmenden können sich nach der gründlichen Auseinandersetzung mit dem Thema, nun problemlos als «Eisenbahntunnel-Experten» bezeichnen. Ein grosses Kompliment an die Senioren der Alten Garde Pieterlen: «Ihr habt mich mächtig beeindruckt mit eurer Neugier, eurem Durchhaltewillen und eurem vorbildlichen Verhalten auf den Führungen, so macht es Spass, Ausflüge zu organisieren».
Wie geplant, erreichte die muntere Schar an «Eisenbahntunnel-Experten» pünktlich um 17.30 Uhr Pieterlen, wo sie ihre prägenden Eindrücke des Tages bestimmt ihren Lieben zu Hause erzählten.
Beat Aeschbacher, Obmann
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